Notfallseelsorge - für Seelsorger

Bella Gesprächskonzept                 

 

B         Beziehungen aufbauen

sich vorstellen, einen ruhigen, geschützten Ort suchen, Gesprächspartner ernst nehmen!

E         Erfassen der Situation

zuhören; Was bedeutet die Situation für den Gesprächspartner?

L         Linderung der Symptome

entlasten, ordnen lassen, Gefühle ausdrücken lassen, ganzheitlich helfen!

L         Leute mit einbeziehen

soziales Umfeld des Betroffenen einbeziehen, Fachkräfte vermitteln, ermutigen!

A         Ansatz zur Problembewältigung

            mögliche Wege aufzeigen, praktische Hilfen vorstellen

 

Basisregeln für Seelsorger

·        Begleiten: Sage, dass du da bist und Zeit hast!

·        Abschirmen: Schirme den Betroffenen, den Toten oder die Angehörigen vor „Zuschauern“ ab!

·        Sicht- und Körperkontakt: Suche vorsichtigen Körperkontakt!

·        Informieren: informiere die Betroffenen über relevante Vorgänge ( keine Lügen ) !

·        Höre zu und rege zum sprechen und erzählen an!

 

Abschied und Trauer

Ø      Es ist oft besser ehrlich zu schweigen, als inhaltlos zu reden!

Ø      Trennungs- und Abschiedsrituale sind wichtig!

Ø      Achten sie darauf, dass religiöse bzw. kirchliche Riten und Texte in ihrer wertvollen Bedeutung nicht als unverständlich oder gar ausdruckslose Abläufe erscheinen!

Ø      Rechnen sie mit Fragen nach dem Sinn und Wert des Lebens, sowie nach Schuld der Menschen und der ”Gerechtigkeit des Himmels”!

Ø      Empfehlen sie behutsam Abschied zu nehmen und unterstützen sie dabei!

Ø      Gehen sie mit den Angehörigen zum Toten!

Ø      Machen sie klar, dass die Angehörigen ihre Trauer zulassen sollen; verdrängte oder versteckte Trauer kann zu physischen und psychischen Problemen führen.

Ø      Ertragen sie Gefühlsausbrüche ruhig und gelassen; unterbinden sie das Klagen und Fragen nicht mit allgemeinen Floskeln!

 

Kinder und ihre Trauer

o       Schließen sie Kinder vom Erleben des Todes nicht aus! Das erzeugt Ängste!

o       Wenn nötig, versuchen sie die Todesursache kindgerecht und altersgemäß zu erklären.

o       Versichern sie , dass frühere Gedanken und Gefühle gegen das Geschwister (auch Erwachsenen) nicht für den Tod verantwortlich sind.

o       Ermöglichen sie bewusstes Abschiednehmen!

o       Gebrauchen sie einfache Worte, weichen sie den Fragen nicht unehrlich aus , beschönigen sie nichts.

o       Für Kinder verwirrende Aussagen vermeiden!

o       Verherrlichen sie den Tod nicht, das könnte Jenseitssehnsucht hervorrufen.

o       Seien sie Vorsichtig mit der Aussage: ” Gott hat es so gewollt” o.ä.

o       Geben sie die Endgültigkeit des Todes und auch ihre offenen Fragen zu!

o       Bestärken sie das Kind, Gefühle zuzulassen!

o       Beugen sie der Einsamkeit des Kindes vor!

 

Entwicklungsstufen von Kinder

ü      Unter drei Jahren:
Kinder haben noch keine Vorstellung vom Tod. Sie spüren nur, dass sich etwas verändert hat, dass die Eltern trauern. Ängste verlassen zu werden tauchen auf. Körperlicher Kontakt ist jetzt sehr wichtig!

ü      Drei und fünf Jahre:
Das Kind Glaubt, das der Tod jederzeit widerrufbar ist, dass man von dort zurückkehren kann. Frühere Eifersucht und Handlungen gegen das verstorbene Geschwister ( z.B. ) können Schuldgefühle auslösen.

ü      Sechs bis neun Jahre:
Kinder begreifen, dass der Tote nicht wiederkehren kann. Vorstellung: der Totenmann trägt Menschen davon.

ü      Neun bis zwölf Jahre:
Kinder wissen, dass der Tod unwiderruflich ist und dass er auf jeden Menschen wartet. Die Neugierde über biologische Aspekte der Sterbens ist groß. Die Kinder wirken oft sehr sachlich und unemotional. Eigene Gefühle werden wahr genommen: Wut, Schuld und Trauer sind oft besonders ausgeprägt.

 

Wie Kinder Trauern

·        Schock: das Kind verhält sich als sei nichts geschehen.

·        Zorn: das Kind ist Zornig auf den Verstorbenen, weil er es allein gelassen hat und auf Gott, weil er das zuließ.

·        Schuldgefühle: das Kind macht sich Vorwürfe, weil es dem Verstorbenen vielleicht einmal Böses gewünscht hat.

·        Körperliche Beschwerden: Kopf- und Bauchschmerzen o.ä.

·        Körperliche Bewegung: Bewegungsdrang nachgeben. Bewegung ist Verarbeitung

·        Angst und Furcht: das Kind fürchtet, dass es selbst oder ein anderer Mensch de es sehr lieb hat, sterben könnte.

·        Entwicklungsrückschritte: vom Daumenlutschen bis zum Bettnässen können Rückschritte in unterschiedlichen Stadien auftreten.

·        Traurigkeit: das Kind wird sehr ruhig und weniger aktiv als früher.

·        Die Reaktionen auf den Tod hängt sehr von der jeweiligen Entwicklungsstufe der Kinder ab.

 

Reaktionen

F     Bei starken Reaktionen: Zeit lassen

F     Fällt man ihnen um den Hals: festhalten

F     Geht man sie tätlich an: evtl. in den Arm nehmen

F     Betroffene starr u. verschlossen o. äußerlich ruhig und ohne Reaktion: Im Blick behalten!

F     Möchte sie jemand schnell aus der Wohnung haben u./o. hat er sich deutlich Schuldgefühle geäußert?: Suizidgefahr abwägen!

F     Körperlicher Zusammenbruch: Arzt rufen!

F     Sind Angehörige scheinbar erleichtert. Nicht moralisieren! (ernst nehmen)

 

Todesnachricht                                            

( Immer zusammen mit der Polizei !)

G        Innere und äußerer Ruhe suchen.

G        Was weis ich vom Toten und seinem Sterben?

G        Wem habe ich die Nachricht zu überbringen?

G        Habe ich den richtigen Adressaten vor mir?

G        Sich mit Namen und Funktion vorstellen.

G        Nicht zwischen Tür und Angel sprechen.

G        Nachricht präzise und kurz aussprechen.

G        Dem Gegenüber zum Begreifen Zeit lassen.

G        Schmerz- und Trauerreaktionen zulassen und zusammen mit den Angehörigen aushalten.

G        siehe auch bei Trauerreaktionen.

 

Fehl- und Totgeburten 

Û     Rechnen sie mit der Bitte um das Sakrament der Taufe! Für viele ist der Taufritus ein großer Trost, da sie dadurch ihr Kind erst in dieser Welt begrüßen können, bevor sie es verabschieden müssen.

Û     Besprechen sie mit den Eltern mögliche Formen der Bestattung und weisen sie darauf hin. dass auch sog. Fehlgeburten ( kleiner als 35cm oder leichter als  500g ) auf Wunsch der Eltern bestattet werden können.

Û     Unterstützen sie den Wunsch, vom Kind in aller Ruhe Abschied nehmen zu können! – Das ist besonders im Klinikalltag sehr wichtig!

Û     Der Augenblick, in dem die Eltern ihr totes Kind in den Armen halten dürfen, ist oft der einzige Kontakt außerhalb des Mutterleibes. Dieser Augenblick ist unwiederbringlich und sollte in inniger Bestimmtheit genützt werden!

Û     Raten sie den Eltern, dass sie ihrem Kind einen Namen geben ! ( Persönlichkeit! )

 

Plötzlicher Säuglingstod 

·        Der plötzliche Säuglingstod ist ein ”Tod aus nicht geklärter Ursache”. Aus diesem Grund muss hier in jedem Fall die Polizei benachrichtigt werden.

·        Bleiben sie nicht nur bis zum Eintreffen der Polizei, sondern auch noch während der polizeilichen Ermittlungen bei der Familie; das ist auch für die Polizeibeamten sehr hilfreich.

·        Die Notwendigkeit beruhigender Medikamente ist von Fall zu Fall kritisch, aber dennoch sensibel zu hinterfragen.

·        Erklären sie die Angabe auf der Todesbescheinigung: ”ungeklärte Todesursache”!

·        Versuchen sie den Eltern deutlich zu machen: eine Obduktion kann langfristig eine Hilfe sein.

·        Neben wichtigen Grundinformationen, sagen sie den Eltern v.a., dass dieser Tod weder für die Eltern noch für die Experten vorhersehbar ist!

·        Verzichten sie auf das Aufzählen von Risikofaktoren, um Selbstbeschuldigungen der Eltern nicht noch zu verstärken!

 

Eltern und ihre Trauer

Ø      Verschaffen sie sich Klarheit über die Beziehung der Anwesenden zum Kind! (Wer ist wer?)

Ø      Sie können den Schmerz nicht wegnehmen. Es ist genug, einfach da zu sein.

Ø      Ihre Gegenwart und ihr Zuhören ist wichtig!

Ø      Beachten sie ihr eigenes Verhalten und ihre Körpersprache!

Ø      Ermöglichen sie v.a. den Eltern bewusstes Abschiednehmen und begleiten sie dabei!

Ø      Wählen sie ihre Worte sorgfältig und behutsam!

Ø      Ertragen sie ggf. Gefühlsausbrüche ruhig und gelassen, versuchen sie diese nicht mit herkömmlichen Floskeln zu unterbinden!

Ø      Schämen sie sich auch der eigenen Gefühle nicht, aber versuchen sie dennoch klaren Kopf zu behalten.

Ø      Hinterlassen sie Kontaktadressen zu anderen Stellen, die Eltern in schmerzlichen Zeiten bestehen können. (z.B. Selbsthilfegruppen)

 

Verkehrsunfall

F     Denken sie noch vor der Anfahrt voraus!

F     Melden sie sich vor Ort beim Einsatzleiter!

F     Verschaffen sie sich einen Überblick.

F     Rufen sie bei Bedarf weitere Seelsorger o. Notfallnachsorgegruppe ( BRK ).

F     Suche sie Kontakt zu den Betroffenen.

F     Informieren sie diese über relevante Vorgänge.

F     Suchen sie einen geeigneten Ort für die Betreuung.

F     Beachten und begleiten sie Angehörige vor Ort.

F     Vermeiden sie Schuldzuweisungen, Gegenagressionen, furchterzeugende Aussagen.

F     Stimmen sie ihr Tun mit der Einsatzleitung ab.

F     Informieren sie sich über Orte der Folgebetreuung und sorgen sie ggf. für dortige Seelsorge.

F     Bieten sie der Polizei Unterstützung bei der Überbringung psych. belastender Nachrichten an.

F     Regieren sie entsprechend auf spezielle Opfergruppen

F     Vor Ort nicht die ”Fronten” wechseln.

F     Sorgen sie für die Bearbeitung ihrer Erlebnisse.

 

Betreuung bei Bränden

ü      Gefahrenbereich meiden – Betreuungsmaßnahmen sind in der Regel außerhalb des Gefahrenbereiches durchzuführen.

ü      Situation des Betroffenen beachten – Handelt es sich um direktes Erleben oder Beobachten einer Situation, die mit dem Tod, einer schweren Verletzung oder einer Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit einhergeht? – Handelt es sich um momentan unaufhaltsame Bedrohung der persönlichen Existensgrundlage?

ü      Ängste ernst nehmen – Nehmen sie die Lebens- und Existensängste ernst; machen sie Hilfsangebote für die Zeit nach dem Schadensereignis! ( => kirchl. Gemeinden!)

ü      Hilflosigkeit nicht verstärken – Verstärken sie die Hilflosigkeit des Brandleiders ( = Betroffener ) nicht, indem sie ihn zur Untätigkeit zwingen!

ü      Reaktionen beachten und lenken – Selbst- und Fremdgefährdung sind abzuwenden; rechnen sie aber mit aggressiven, depressiven, regressiven oder hyperaktiven Reaktionen.

 

Identifizierung

G        Eindeutige Absprachen: Handeln sie nur in engster Abstimmung mit der Polizei!

G        Beistand leisten: Haben sie bei der Identifizierung von toten Menschen sowohl Angehörige als auch Helfer im Blick.

G        Sinneswahrnehmungen bedenken: Bedenken sie, dass die Konfrontation mit dem Toten alle Sinne berührt! ( Bilder, Gerüche, Geräusche, Berührungen )

G        Ansehen schenken: Machen sie sich ein Bild vom Toten, bevor sie mit den Angehörigen zu ihm gehen!

G        Menschenwürde achten: Der Tote bleibt Mensch! Sorgen sie für ein würdiges Aussehen und angemessene Räumlichkeit zur Identifizierung. ( => Polizei ? )

G        Zeit lassen: bedenken sie, dass für Angehörige die Identifizierung zugleich der Kampf um die Annahme des Todes ist. Lassen sie den Angehörigen Zeit!

 

Sexueller Missbrauch 

{     Gehen sie nicht mit vorgefertigten Urteilen in den Einsatz!

{     Bagatellisieren sie die mitgeteilte Lage nicht!

{     Überhastetes Vorgehen schadet!

{     Versuchen sie sich selbst ein Bild der gegebenen Situation zu machen! ( Informationen von versch. Seiten )

{     Bei interfamiliärer Gewalt durch den Vater: unbedingt die Mutter stärken.

{     Die Aussage des Opfers nicht anzweifeln!

{     Mit dem Opfer ins Gespräch kommen – sensibel sein und Blockaden akzeptieren und respektieren.

{     Eine Vertrauensperson erfragen und wenn möglich ins Haus kommen lassen.

{     Mitarbeiterinnen einer kompetenten Beratungsstelle hinzuziehen!

{     Wenn es sich um Kinder oder Jugendliche handelt => Jugendamt einschalten oder notfalls Wegbringen aus der Familie veranlassen.